Nervenkitzel beim Fugu-Essen

von Carsten Germis

Yoko schiebt mir die Speisekarte zu. »Es gibt hier Tora fugu, den besten Kugelfisch der ganzen Stadt. Er kann bis zu 2,5 Kilo schwer werden und wäre eine gute Mordwaffe, da Leber, Eierstöcke und Teile des Darms hochgiftig sind. Das macht das Essen spannend.«
»Du machst Witze.«
»Es gibt jedes Jahr ein paar Tote«, sagt sie und grinst mich provozierend an. »Riskieren wir es?« (S. 79)

Fugu-Restaurant

Ich habe es überlebt. Tatsächlich stirbt heutzutage in Japan kaum noch jemand, weil er Kugelfisch gegessen und sich vergiftet hat. Das war angeblich einmal anders. So sollen allein in den Jahren 1956 bis 1959 mehr als 400 Menschen an Fugu-Vergiftungen gestorben sein. Doch seit langer Zeit schon dürfen nur Köche mit besonderen Lizenzen in besonderen Restaurants Muskelfleisch vom Fugu (japanisch  河豚) zubereiten. Seitdem sterben im Land der aufgehenden Sonne im Schnitt jährlich nur noch rund 5 Menschen, weil sie Innereien der giftigen Fische gegessen haben. Es handelte sich dabei ausnahmslos um Privatleute. Und mancher hatte beim Mahl bewusst die gifthaltige Leber als Rauschmittel konsumiert. Das ist seit 1983 sogar gesetzlich verboten. Fugu ist übrigens allerdings heute noch das einzige Nahrungsmittel, das den Mitgliedern der kaiserlichen Familie in Japan nicht aufgetischt werden darf.

Die Fugu-Köche entfernen mit einer speziellen Zubereitungstechnik die durch das darin enthaltene Tetrodotoxin hochgiftigen Körperteile wie Darm, Rogen, Leber und - je nach Kugelfischart - auch die Haut. Verwendet werden darf nur das ungiftige oder bei einzelnen Sorten schwach giftige Muskelfleisch. Um die Lizenz für die Zubereitung der Kugelfische zu bekommen, muss ein Koch zwei Jahre in einem Fugurestaurant gearbeitet haben und dann eine Prüfung ablegen.

Nach deutschem Recht darf Fugu nicht zum Verzehr nach Deutschland importiert werden. Als die hessischen Grünen unter der Führung Joschka Fischers 1985 mit der SPD in Wiesbaden über die erste rot-grüne Koalition in einem deutschen Bundesland verhandelten, machten sie sich damit einen Scherz: Sie nahmen in ihren Forderungskatalog ein fiktives Shanghaier Kugelfischabkommen auf, das angeblich die Fristen von Arbeitserlaubnissen für Fugu-Köche verlängern sollte.

Dass ich in Peine bis heute keinen Fugu bekommen kann, ist aber kein großer Verlust. Das weiße Fleisch schmeckt ohne die giftigen Innereinen recht fade. Das Bauchfleisch vom Thunfisch ist da schon ein ganz anderes Kaliber.

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Kommentar von Nouromove |

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